Auch ich verstehe nicht, was an diesen Schikane-Vorschlägen der norwegischen Fischereiindustrie gegen uns (deutsche) Anglertouristen vernünftig sein soll.
In den letzten Tagen machte ich mir die Mühe nahezu alle „Eingaben“ zu den seitens der Fischindustrie beantragten Änderungen zur Tourismus-Fischerei durchzulesen.
https://www.regjeringen.no/no/dokumenter/…cb-d42b5f22fd39
Dabei kristallisieren sich meiner Meinung nach folgende Positionen heraus:
1. Die Fischereiindustrie würde die Touristenfischerei am liebsten ganz abschaffen bzw. für Touristen derart unattraktiv gestalten, so dass ein leidenschaftlicher Meeresangler gar nicht mehr auf die Idee kommt, seinen Angelurlaub in NOR zu verbringen. Ziel: Gewinnmaximierung, selbst wenn die Touristen nur eine vernachlässigbar geringe Fischmenge gegenüber der norwegischen Berufsfischerei (2016: 2.000.000 to) fangen.
https://www.fischmagazin.de/newsartikel-bi…nummer-4419.htm
2. Die Tourismusbranche (Anglercamps, Angelreiseveranstalter, …) würde die Regelung am liebsten dahingehend ändern, dass nur noch in Angelcamps einquartierte Touristen Fische ausführen dürfen. Ziel: Gewinnoptimierung durch Anhebung der Gästezahl. Aber: Die vielen Campingplatztouristen bzw. die unabhängigen Wohnmobiltouristen dürften dann keinerlei Fisch mehr ausführen.
3. Die „Weltverbesserer“ sehen in den Angeltouristen eine Gefahr für den Fischbestand Norwegens und würden die zahlreichen Angelurlauber, die hauptsächlich wegen des unvergleichlich schönen Angelerlebnisses nach NOR reisen, am liebsten umerziehen zu reinen „Naturliebhabern“, die nicht wegen des Angelns sondern wegen der schönen Landschaft und den netten Menschen das Land besuchen.
Und dazu jetzt meine ganz persönliche Meinung:
Ich verbringe mit meiner Familie nun schon seit fast 30 Jahren den Sommerurlaub in NOR. Die Fahrstrecke von Bayern bis Mittelnorwegen ist anstrengend (hin und zurück 4000km), die Fährverbindung sehr teuer, die Preise in NOR um einiges höher als in anderen Urlaubsländern, das Wetter oft verregnet. All das nehme ich auf mich, nicht nur wegen des schönen Landes und der netten Menschen, sondern vor allem wegen des unvergesslichen Angelerlebnisses. Und ja … ich nehme auch gerne möglichst viel tiefgefrorenes Fischfilet mit zurück nach Hause, um in den 11 weiteren Monaten des Jahres wöchentlich einmal „Fisch-satt“ essen zu können. Dabei steht der Wert des mitgenommenen Fisches in keinem Verhältnis zu den investierten Reisekosten (an eine Gegenrechnung denke ich nicht mal im Traum). Gerne würde ich auch meinen erwachsenen Kindern (mit eigener Familie) etwas Fisch mitbringen, aber dieser Wunsch ist auf Grund der momentanen 10kg-Regelung für normale Campingplatztouristen „offiziell“ leider nicht erfüllbar. Also macht man das, was nahezu alle Angler, die ich auf den Campingplätzen kennen lernte, tun: Man nimmt etwas mehr Fisch mit (als erlaubt), in der Hoffnung vom Zoll beim „ach so verwerflichen Fischschmuggel“ nicht erwischt zu werden. Damit gilt man allerdings als krimineller Fischschmuggler und sollte - nach den Vorschlägen der norwegischen Fischerei- und Tourismuslobby und auch einiger Forenmitglieder hier - drastisch bestraft werden: 100€ pro kg Schmuggelfisch bis hin zu Gefängnisstrafe, Beschlagnahmung des Autos, Einreiseverbot … und was ich sonst noch alles las (und was hier von deutschen Forenmitgliedern als „vernünftig“ bezeichnet wird).
Was ist aus dem einst so unkomplizierten und liberalen NOR geworden? Ein Land mit „Jedermannsrecht“, mit großzügigen Freiheiten gegenüber den Meeresanglern ist dabei, sich diesen guten Ruf zu ruinieren … angetrieben durch Neiddebatten seitens der Fischereiindustrie.
Mein Vorschlag: Anhebung der Fangmengenbegrenzung auf 15kg Fischfilet pro Aufenthaltswoche in NOR (max. 50kg pro Aufenthalt) ohne irgendwelche Zusatzbedingungen. Nur wenige Angler werden so viele Fische fangen bzw. diese Menge ausführen, aber … erstens würde diese Maßnahme den aus Leidenschaft angelnden NOR-Touristen „entkriminalisieren“, zweitens den bürokratischen Aufwand von Angelcampbetreibern und Zoll auf ein Minimum reduzieren, und drittens den Urlaub in NOR noch erholsamer und liebenswerter machen.
Denn Tatsache ist: Eine negative Auswirkung auf den Fischbestand der norwegischen Küstengewässer hat die Touristenangelei mit Sicherheit nicht. Wohl aber der industrielle Fischfang mit Treibnetzen, Schleppnetzen, Stellnetzen und Langleinen (ohne Beachtung irgend welcher Laich-Schonzeiten), die Zerstörung der „Fische-Kinderstuben“ durch industrielles Abernten von Seetangwäldern, die zunehmende Gewässerverschmutzung durch Industrieabwässer bzw. weltweit eingebrachten Plastik-Micromüll … und vor allem die Auswirkungen des globalen Klimawandels auf das Artenvorkommen in bestimmten Meeresregionen. So führt z.B. die Erwärmung des Nordmeeres zu einem Anstieg des Seehechtbestandes (das wird mir jeder NOR-Angler bestätigen), während sich andere Fischarten wie Dorsch oder Seelachs eher in kältere Regionen verziehen. Und für all diese negativen Einflüsse ist keinesfalls der Angeltourist verantwortlich!