Ein Bericht aus der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung":
Fest im Sattel: Zum Nordkap und zurück
Helmut Thiedau ist während einer 78-tägigen Tour 6200 Kilometer mit dem Fahrrad gefahren Von Ingo Rodriguez
Bredenbeck. Rund 6200 Kilometer geradelt, 800 Fotos geschossen, 13 Kilogramm Körpergewicht verloren und nur ein Reifenschaden: Diese Bilanz hat der 63-jährige Helmut Thiedau aus Bredenbeck nach einer 78-tägigen Fahrradtour gezogen.
Zu Beginn seines Ruhestandes saß Bredenbecks früherer Ortsbrandmeister fest im Sattel – bis zum Nordkap und zurück.
Genau genommen war Thiedau noch als Berufstätiger losgefahren und als Rentner zurückgekommen. „Ich hatte noch Resturlaub, bin am 22. Mai gestartet und erst am 1. Juni offiziell Rentner geworden“, sagt der staatlich geprüfte Elektrotechniker und schmunzelt. Er hatte inzwischen aber auch schon Zeit, sich an das Rentnerdasein zu gewöhnen: Genau 69 Tage seiner Tour hat er als Ruheständler verbracht – in Polen, Littauen, Lettland, Estland, Finnland, Norwegen, Schweden, Dänemark und Deutschland – die meiste Zeit im Sattel.
„In größeren Städten habe ich aber auch mal einen Tag lang Pause gemacht, um Stadtrundfahrten zu machen und mir Sehenswürdigkeiten anzugucken: Stockholm, Riga, Tallinn, Helsinki“, sagt Thiedau. Außerdem seien auch einige Regenpausen notwendig gewesen. Übernachtet hat er in Hotels, Pensionen, aber auch auf Campingplätzen – in seinem Zelt aus dem Anhänger. Höhepunkt der Reise: das Nordkap.
Zwei Tage nach seiner Ankunft hat Thiedau sein Treckingrad und den eigens für die Tour gekauften Anhänger aber schon längst wieder im Keller verstaut.
Ausruhen ist für den 63-jährigen Ruheständler aber jetzt auch nicht angesagt. „Ich muss die ganze Post erledigen“, sagt Thiedau.
Ohnehin wirft den Bredenbecker eine ausgedehnte Fahrradtour nicht so schnell aus dem Sattel. Cuxhaven, Bodensee, Rotterdam: Thiedau hat mit seiner Frau Christiane in der Vergangenheit schon viele Ziele erradelt. Dieses Mal seien aber Vorbereitung und Planung etwas aufwendiger gewesen. „Lektüre besorgen, Radwege heraussuchen“, zählt der in Bredenbeck aufgewachsene drahtige Mann auf. „Freitags mache ich immer Seniorensport“, sagt er und schlägt sein Tour-Tagebuch auf.
Darin hat er akribisch alle Stationen seiner Reise eingetragen. Die Bilanz: rund 6200 Fahrradkilometer – natürlich ohne jene Strecken, die Thiedau mit dem Bus, einer Fähre oder der schwedischen Innlandsbahn zurückgelegt hat. Eine kurze Zusammenfassung der wichtigsten Stationen ist nur schwer von ihm zu bekommen.
Einzelne Etappenziele sprudeln förmlich aus ihm heraus. Man muss ihn ein wenig bremsen, um den Verlauf seiner Strecke nachvollziehen zu können.
Aber Thiedau weiß Rat: „Die rote Linie ist die geplante Tour, die abweichende schwarze Linie der tatsächliche gefahrene Streckenverlauf“, sagt er und zeigt eine Tourkarte.
Die ersten vier Wochen bis Liepaja – eine Hafenstadt in Lettland – wurde Thiedau noch von seiner Frau Christiane begleitet. „Aber sie wollte beim Freischießen in Wennigsen dabei sein, deshalb ist sie dann mit der Fähre nach Travemünde gefahren, wo sie von unserer Tochter abgeholt wurde“, sagt er.
Seine Tour ging danach dann erst so richtig los: In Südfinnland traf er einen Finnen, den er bei der Weltausstellung in Hannover kennengelernt hatte.
Viel über das Wetter gelernt habe er von einem Vorruheständler des Deutschen Wetterdienstes. „Er hat mich ein Stück begleitet.“
Außerdem habe er im nordfinnischen Rovaniemi den Polarkreis überschritten und sei sogar beim Weihnachtsmann gewesen, sagt Thiedau und lacht.
Was ihn die Reise gekostet hat, will er nicht verraten. Lieber spricht er über kleine Pannen. „Einmal hatte ich einen Plattfuß, einmal brauchte ich neue Bremsbeläge und meine Brille ist kaputt gegangen“, erzählt der 63-Jährige. Er war jedoch vorbereitet. „Ich hatte Werkzeug mit und vorher einen Werkstattkurs absolviert.“
Jetzt steht für Thiedau die Nachbereitung seiner Tour auf dem Programm. „Ich habe ja 800 Fotos gemacht und soll für den Fahrrad-Club einen Reisevortrag halten“, sagt er.
Dem Allgemeinen Deutschen Fahrradclub (ADFC) und der Kommune Wennigsen hat Thiedau mit seiner Radtour zudem einen großen Dienst erwiesen. In den drei Wochen des Stadtradel-Wettbewerbs wurden auch seine gefahrenen Kilometer zur Gesamtleistung der Wennigser hinzugerechnet. Und damit hatte Wennigsen abermals bei den gefahrenen Kilometern pro Einwohner die Nase vorne.
Thiedaus letzte Radtour soll es zwar nicht gewesen sein. „Aber jetzt will ich erst einmal etwas an meinem neuen Oldtimer herumbasteln“, sagt der Rentner.
Danke Helmut !