Westlich oder nördlich von Bergen!
Nein, im Ernst - von Bergen aus sind tolle Reviere schnell erreicht.
Aber hütet euch bitte davor, tief im Inneren des Sognefjordes zu fischen. Unsere Freunde waren diesen Juni wieder da und von den Fängen mächtig enttäuscht. Wenn Sognefjord, dann Ytre Sogn.
Hab hier mal meinen damaligen Bericht herausgekramt:
Sonnige Zeiten am Sognefjord
Obwohl der längste und tiefste Fjord Norwegens, gibt, es doch kaum Informationen und Fangberichte über ihn: den Sognefjord in Westnorwegen. Wir betraten fischereiliches Neuland, fischten an seinem Ausgang und erlebten Meeresangeln der Extraklasse.
“Piiiiieep” – das Echolot! Wir driften ohne Motorkraft neben einer vorgelagerten Insel am Äußeren Sognefjord (Ytre Sogn). Eben zeigte das Display noch eine Tiefe von wildgezackten 68 Metern, jetzt ist die maximale Sendeleistung erreicht – nichts geht mehr, die aktuelle Wassertiefe muss 130 Meter deutlich überschreiten. Solch eine Abrisskante habe ich noch nie gesehen!
Wir drehen das Boot, legen uns luvwärts vor die erkannte Stelle und montieren unser Gerät: 30-Pfund Ruten, bestückt mit Multis und 0,39er Dyneema, Tanja eine Endbleimontage mit zwei Seitenarmen, ich einen Runningboom und Einzelhaken 8/0 am meterlangen Stahlvorfach. Als Köder haben wir zum Glück gefrorene Heringe aus Dänemark dabei – habe ich mir doch gedacht, dass hier Mitte Juni noch keine Herings- und Makrelenschwärme anzutreffen sind. So musste Kumpel Stefan aus Hvide Sande ran, der uns an die 150 Heringe fing. Ich beködere meinen Haken - halber Hering mit Kopf – und schaue gebannt auf das Echolot. 20, 25, 30 Meter – ich lasse den Köder außenbords. Nur nicht zu schnell, sonst verdrallt das Stahlvorfach mit dem Köder!! Das Echolot zeigt nunmehr 80 Meter an, und es wird immer schwerer, das Blei auf Fühlung der abfallenden Kante zu halten. Auf einmal spüre ich einen aggressiven Biss! ‚Ruuuhig, ganz ruhig’, sage ich mir – ‚lass ihm Zeit, den Köder zu schlucken!!’ Der Fisch zerrt und schnappt nach dem angebotenen Heringsstück. Tanja holt ihre Montage etliche Meter hoch und legt ihre Rute beiseite. Meine stark ruckende Rutenspitze ist der beste Beweis, dass gleich etwas Spektakuläres passieren wird. Ich setze den Anhieb – und glaube zuerst an einen Hänger! Doch dann läuft Schnur von der Multi und die Rute verneigt sich zur Oberfläche. Ich stecke das Rutenende in meinen Gimbal und stemme mich mit den Füßen gegen die Bootswand. Meter um Meter pumpe ich den Unbekannten heran, der auf dem Weg nach oben noch dreimal Schnur von der Rolle zieht. Nach einer Viertelstunde ist es geschafft: ein riesiger Leng zeigt sich an der Oberfläche. “Tanja! Schnell, schnell, das Gaff!!” Präzise setzt sie den Gaffhaken an. Ich lege meine Rute beiseite, und gemeinsam ziehen wir den Brocken in´s Boot. Jetzt erst merke ich, wie ich am ganzen Körper vor Aufregung zittere! Später an Land bleibt der Zeiger der Waage bei 19,9 kg stehen, das Maßband sagt uns 123 cm – was für ein Fisch!
Angeln am Äußeren Sognefjord: bewusst hatten wir uns für dieses Revier entschieden, über das es kaum Informationen und Tipps zu bekommen gab. Irgendwie ist dieser Fjord ein weißer Fleck auf der ansonsten gut erschlossenen norwegischen Anglerlandkarte. Doch schon bei der Reiseplanung versicherte uns Thilo, dass dort regelmäßig beachtliche Fische in´s Boot gezogen werden – vom 20 Kilo schweren Steinbeißer bis zum 30pfündigen Dorsch! Also buchten wir über die Sommersonnwende im Juni für drei Wochen Haus „Furulund“ am Ausgang des Sognefjords. So war garantiert, dass wir wirklich zu jeder Tages- und Nachtzeit fischen konnten, da die Sonne dort oben zu dieser Zeit kaum hinter dem Horizont versinkt.
Wir entschieden uns für die kurze Fährüberfahrt Hirtshals-Kristiansand, und um es vorwegzunehmen: wer es bequemer mag und ohne Hund oder Katze reist, dem sei die Fährverbindung Hanstholm-Bergen empfohlen – ab Bergen sind es nur noch zwei Stunden Autofahrt bis zum Äußeren Sognefjord. Uns dagegen stand eine 14stündige Fahrt mit unzähligen Serpentinen und 57 Tunnels bevor, die allerdings mit grandiosen Landschaften und wunderschönen Fotomotiven für die Anstrengungen entschädigte. Über eine Schotterpiste entlang des Fjordes gelangten wir zu dem kleinen Dorf Dingja, wo auch die Straße endete. Eingerahmt von hohen Bergwänden lagen ein paar Höfe, ein Landhandel mit den allernotwendigsten Dingen zum Leben und eine stillgelegte Lachsfarm – Erholung und Natur pur, aber nichts für unruhige Gemüter, die gerne Ausflüge oder Nachtleben auf ihren Urlaubsplan setzen. Dafür zeugen Elche, Adler, Fischotter und Schweinswale von einer unberührten und intakten Natur.
Bereits unsere erste Ausfahrt am Tage der Ankunft zeigte, dass im geschützten kleinen Hausfjord nur kleine Pollacks und noch kleinere Meerforellen zu erbeuten waren. Aber dank der Seekarte, die wir schon zuhause studiert hatten, fanden wir schnell den Weg zu den vorgelagerten kleinen Inseln, die nach nur zehn Minuten Bootsfahrt erreicht waren und die die oben beschriebenen Abrisskanten boten. Und hier ging es an fast jedem Tag Schlag auf Schlag: Dorsche bis 10 Pfund, Lumbs von bis zu 14 Pfund, viele Lengs um die 6 Pfund, aber auch kapitale Schellfische, Unmengen an Köhlern, ein paar Rotbarsche und stattliche Flügelbutts konnten wir erbeuten! Doch nicht nur in großen Tiefen fingen wir – da war das Plateau, mitten im Sognefjord: ringsum Wassertiefen von bis zu 300 Metern, aber die Köder berührten das rund 100 Meter lange Plateau schon nach etwas über 30 Metern und wurden dort gierig von Lumb, Leng und Butt genommen. Oder Fischen auf 8 bis 12 Metern bei glasklarem Wasser und blauem Himmel? Wir dachten, unser Echolot möchte uns einen Streich spielen, als es uns in dieser Tiefe große Fischsymbole präsentierte. Nach einer halben Stunde war der Spuk vorbei und 11 gute Dorsche lagen in der Fischkiste! Was uns erstaunte, war die Tatsache, dass die Fische sich nicht an die alte Regel hielten, zur auflaufenden Flut würden ihre Beißaktivitäten einsetzen. Wir fingen zu jeder Tageszeit gut, lediglich zu den kurzen Dämmerungsstunden gegen Mitternacht ließen die Bisse kurz nach. Wichtiger war das Driften des Bootes - keine oder zu starke Drift aufgrund des Windes wirkte sich sich negativ auf die Köderpräsentation und damit auf die Fänge aus.
Regelmäßig fangen andere Gäste Katfische, Grund- Katzen- und Hundshaie sowie Seeteufel, auch Heilbutt ist vor Ort schon gefangen worden. Für den Fang dieser Fische waren wir allerdings zu früh dort, lohnenswerter für diese Arten dürften die Monate Juli bis September sein, wenn auch die großen Herings- und Makrelenschwärme in den Sognefjord ziehen. In den drei Wochen fingen wir über 300 Fische, von denen wir nur die größeren Exemplare verwerteten – unzählige Fische setzten wir schonend wieder in ihr Element zurück.
Zugegeben: das Wetter spielte während unseres Aufenthaltes wirklich mit. Nur an vier Tagen hatten wir starken Regen (der an dieser Ecke eigentlich ein häufiger Gast
ist), und nur an einem Tag machte uns der Wind einen Strich durch die Rechnung, sodass an eine Ausfahrt nicht zu denken war. Selten genug für dieses Angelgebiet,
denn am Ausgang des Sognefjords fischt man praktisch auf dem Atlantik, und der Wind ist häufig stürmisch, die Wellen ruppig. An solchen Tagen sollte das Boot unbedingt am Anleger oder im Hausfjord bleiben. Abwechslung bietet dann der große See Dingjavattnet mit Zufluss zum Meer. Auch wenn er nur die kleinwüchsigen Steinforellen bis maximal 300 Gramm beherbergt, ist das Fischen doch kurzweilig, die Landschaft imposant. Im Mündungsgebiet lässt es sich auch gut mit der Fliegenrute oder der leichten Spinnrute auf Meerforellen fischen, wenngleich auch diese im Juni eher winzig ausfielen. Uns wurde aber versichert, dass im August und September bis zu vier Pfund schwere Exemplare erbeutet werden können.
Fazit: wer den weiten Weg nicht scheut und mit entsprechendem Angelmaterial anreist, wird am Äußeren Sognefjord so manche fischereiliche Überraschung erleben können. Wie Tanja, die an einem Vormittag nicht nur einen Lumb von 7,5 kg hochpumpte, sondern an derselben Montage auch den feinen Schellfisch, der sich für den zweiten Beifänger interessierte und stolze 2,7 kg auf die Waage brachte!
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Mal so als Planungslektüre, damit ihr ein Bild davon bekommt, von welcher Ecke ich hier schreibe.
Gruß
Karsten