Hallo Freunde,
In unserer hochtechnisierten und vernetzten Welt bleibt nur noch selten Gelegenheit für echte Abenteuer. Selbst unsere Angelurlaube auf die Halbinsel Fosen sind mittlerweile so gut durchorganisiert und wir vier Norwegen-Verrückten so gut aufeinander eingespielt, dass es eigentlich kaum mehr Spielraum lässt für einen Hauch von Abenteuer. Wenn ich aber, kaum vom Urlaub zurück, die Tage Revue passieren lasse, dann gibt es von einigen faustdicken Überraschungen, verschiedenen tierischen Erlebnissen, ein wenig Ärger und von vielen netten und teils recht lustigen Anekdoten zu berichten. Lasst euch also entführen in unser Abenteuer Linesøya 2015. Es beginnt heute mit Teil 1 der Anreise.
Gruß Roland
Freitag 31. Juli war unser Reisetag. Gebucht war die 15 UhrFähre ab Rostock nach Trelleborg mit Stena Line. Der gemietete Mercedes Vitowar bereits am Vorabend beladen worden und wir hatten uns bei unserem FreundGerhard bei einer Brotzeit und einem Bier auf die anstehende Tour eingestimmt.Matze vergaß darüber auch schnell den Schreck, dass er bei der Fahrt dorthinvon einem überholenden Fahrzeug abgedrängt worden war und dabei derbeifahrerseitige Schweller und die Schiebetür verbeult und zerkratzt wordenwar.
Gerhard sammelt zuerst Albert, dann mich und schließlich auch Matze auf undbereits um 6 Uhr morgens fahren wir auf die Autobahn. Auf den ersten rundhundert Kilometern müssen wir bereits durch drei Baustellen, zum Glück ist nochwenig Verkehr und wir kommen, auch auf dem gesamten weiteren Strecken-verlauf,ohne nennenswerte Zeitverluste voran. Trotz zweier Pausen und zweier Tankstoppserreichen wir den Rostocker Überseehafen bereits um 13:15 Uhr. Die nette Dameam Check-In-Schalter händigt uns die Tickets aus und eröffnet uns, dass dieFähre Verspätung hat und erst um 16:30 Uhr ankommen wird. Sie meinte noch, dassder Kapitän alles veranlassen wird, um binnen einer Stunde die Ent- undBeladung abzuschließen. Uns sind vermutlich erst einmal alle Gesichtszügeentgleist, da dies nicht unerheblichen Einfluss auf unseren Zeitplan hat. Eineschnelle Beladung scheitert kläglich und tatsächlich legt die Skåne schließlicherst um 18:15 Uhr ab. Wir sichern uns daraufhin keinen Platz am Sonnendeck, dieSonne war inzwischen sowieso hinter den Wolken verschwunden, sondern, imHinblick auf eine Ankunftszeit in Trelleborg gegen Mitternacht, 4 der Schlafsessel.Uns allen gelingt es eine Mütze voll Schlaf zu ergattern.
Kurz vor 23 Uhr geht Albert, der direkt neben mir sitzt, zur Toilette.Plötzlich setzt sich ein ca. 60-jähriger und mir völlig unbekannter Herr aufAlberts Platz. In englischer Sprache weise ich ihn freundlich daraufhin, dassdieser Platz von meinem Freund besetzt sei. Die an Dreistigkeit kaum zuüberbietende Antwort war, ob wir für diesen Platz bezahlt hätten? „Mann,glauben Sie mir, diese Art von Ärger wollen sie im Leben nicht! VerschwindenSie!“ Die Körpersprache des Mannes verrät mir, dass er über meine heftigeReaktion etwas erschrocken ist. Seine Antwort zeigt mir aber, dass derWiderstand noch nicht gebrochen ist: „Ich gehe, sobald ihr Freund zurück ist.“Exakt auf dieses Stichwort steht Albert neben ihm. „Es ist bereits soweit!“antworte ich und deute auf Albert. Wort- und Grußlos trollt er sich umgehend.
Kurz nach Mitternacht rollen wir von dem Kahn und setzenunsere Anreise fort. Der Vollmond begleitet uns entlang der Strecke. Kurz vorder norwegischen Grenze bei Strömstad bunkern wir wieder Diesel und sind nunabsolut sicher, auch die letzten beiden bislang noch fehlenden Teilstücke der schwedischenAutobahn sind nun fertiggestellt und für den Verkehr freigegeben. Wirüberqueren die Grenze, passieren Oslo und stellen erfreut fest, dass der Ausbauder E6 bis zum Abzweig nach Elverum inzwischen ebenfalls völlig abgeschlossenist.
Die weltgrößte Elchstatue an der Rv3 ist dagegen noch eingerüstet und mitPlanen verhangen. Der Rastplatz dazu ist noch im Bau. Für nächstes Jahr isthier auf alle Fälle eine Rast eingeplant!
Auf der Fähre von Flakk nach Rørvik über den Trondheimfjord genehmigen wir unstrotz des stolzen Preises einen Kaffee. Die Abkürzung rund 10 km nach Rørvikrechts der Rv715, über die schmale Fv82, die stets fast 5 Minuten Zeitgewinnausmachte, konnten wir die letzten beiden Jahre wegen Ausbauarbeiten nichtnutzen. Jetzt stellen wir völlig verblüfft fest, dass dies jetzt der neueVerlauf der Rv715 ist und dazu herrlich ausgebaut. Nur der letzte halbeKilometer und die Brücke über die Skaua sind noch im Bau.
In Årnes decke ich mich mit Bargeld ein und nur ein paar Kilometer weiter inÅfjord geht es in den Supermarkt zum Einkaufen. Seit 2012 können wir dieFestlandsverbindung von Linesøya nutzen und es ist uns ein liebgewonnenesRitual geworden, am höchsten Punkt der Brücke anzuhalten und freudig mit einerFlasche Bier für jeden auf die geglückte Anreise anzustoßen. Wir fahren dannauf den Bauernhof um unsere Gastgeber zu begrüßen. Obwohl alle Türen zu Haus,Nebengebäude und Ställen offen stehen und wir in jede Tür hineinrufen, treffenwir niemanden an. So fahren wir weiter zum Feriegård. Auf halber Strecke kommtuns ein Traktor entgegen, der, wie wir schnell erkennen, von Arne gefahrenwird. Die Begrüßung ist wie immer herzlich und in gleichzeitiger Anspielung aufden bislang grausam schlechten Sommer in Mittelnorwegen und den heute strahlendenSonnenschein fragt er uns, ob wir schönes Wetter mitgebracht hätten. Lachendantworten wir: „Na, wir hoffen doch!“
Wohnung und Boote sind vorbereitet, Extrabenzin ist auf denBooten deponiert und die Schlüssel stecken, erklärt uns Arne und verabschiedetsich: Wir sehen uns!